Dresden

Beendet haben wir die Serie in Dresden. Gemeinsam mit der Bildenden Künstlerin Lea Zepf waren wir auf Spurensuche nach Orten, die Ambivalenzen der DDR- und Nachwendezeit aufzeigen, aber auch persönliche Bezüge zu unseren Biografien aufbauen.

Begonnen haben wir an der Frauenkirche, als das vielleicht ambivalentestes Wahrzeichens Dresdens. Ich bin 1992 in Dresden geboren und kann mich in meiner Kindheit und Jugend an die Debatten um den Wiederaufbau der Frauenkirche erinnern. Als Kind war ich beeindruckt von der rießigen Baustelle in der Innenstadt und den sortierten Steinen, die aus dem Trümmerhaufen der Frauenkirche geborgen wurden, um sie in die neue Kirche einzubauen. Gleichzeitig begleitete mich der 13.Februar als Jahrestag der Bombardierung Dresdens, der jährlich von nationalistischen und fremdenfeindlichen Gruppierungen genutzt wird, um die Verbrechen der Nazizeit zu relativieren. Die Frauenkirche wurde zum Symbol des Vergessens. Die Erinnerung der deutschen Schuld der Nazizeit wird hier überlagert mit der Sehnsucht nach Schuldentlastung und dem deutschen Leid. Auch zehn Jahre nach dem Wiederaufbau 2015, in meiner Studienzeit an der Kunstakademie, die sich direkt gegenüber von der Frauenkirche befindet, wurden auf dem Platz vor der Frauenkirche geschichtsrevisionistische und fremdenfeindliche Bilder produziert. Mit der Gründung von Pegida und den Demonstrationen in der barocken Innenstadt Dresdens wird die Frauenkirche einmal mehr zum Symbol für rechte Ideologien.

Als stilisiertes Frauenkirchenkostüm haben diese Überlegungen eine Denkfigur bekommen. Ich beschäftige mich im Textilen mit der Identität der Stadt Dresden über die Rückbesinnung auf das Alte und die Barockzeit. Die bewegbare Frauenkirche versucht durch ihre Nähe zum eigenen Körper, die Instrumentalisierung von Geschichte, aufzubrechen. Durch Bewegung und haptisches, nahbares, textiles Material werden konservative Vorstellungen befragt und kommen ins Wanken. Daneben steht das Wendekostüm, welches deutsche Identitäten in der Farb- und Formensprache befragt. Schwarz, rot und gold bauen sich zu einer Mauer um den eigenen Körper auf. Das Blau und die Unregelmäßigkeiten der Farbflächen versucht die starren Bilder der Nationalfarben aufzulösen oder verschwindet ganz in der Innenseite des Kostüms. Das Wendekostüm taucht in der Friedrichstadt auf der Brücke, die über den Güterbahnhof verläuft wieder auf. Der Güterbahnhof war einer der größten Rangierbahnhöfe der DDR, wurde in der Nachwendezeit aber nahezu stillgelegt. Die Mauerstücke des Kostüms werden zu Kohlebrikkets und stellen Fragen nach den Komsumversprächen der Nachwendezeit.

Einen weiteren Zwischenstopp legten wir beim Glasbrunnen von Leonie Wirth und Helmut Kappelt am Pirnaischen Platz von 1975 ein. Der DDR Brunnen wurde zur Umlaufbahn für die Saturne von Sophie Lindner. In neuinterpretierten Dederon-Schürzen positionierten wir uns zur DDR-Architektur und fanden gegenseitige Wertschätzung.

Saturne und Fotografie: Sophie Lindner

Kostüme und Fotografie: Anne Reiter

Modells: Lea Zepf, Anne Reiter, Sophie Lindner