Textile Raumnahme mit My Schweer 2020/2021

Ausstellung Geh8, Dresden 2020 Ausstellung Westwerk, Leipzig 2021

Textile Raumnahme mit My Schweer

In der Ausstellungsreihe „Textile Raumnahme“ wurden die beiden textilen Positionen von My Schweer und Anne Reiter zusammen gebracht. Beide beschäftigen sich in ihren großformatigen, farbigen Arbeiten mit Fragestellungen zu Textil und Geschlecht. Die sieben Jaquard-Gewebe „Ornamente der Lebendigkeit“ von My Schweer variieren in ihrer Größe zwischen 120×120–310 cm. Die farbintensiven, ornamentalen Arbeiten untersuchen gesellschaftliche Normen, die die Menschen in ein binäres System (männlich/weiblich) einteilen. Ihr variables Gewebe zeigt den Widerspruch zwischen binären, heteronormativen Normen und lebendigen, queeren Realitäten auf. Schweers Muster bringen eine Metamorphose und Vielschichtigkeit zum Ausdruck, die Handlungsspielräume offenbaren und diese Geschlechter-Normen durchbrechen. Anne Reiter thematisiert in ihren Arbeit (600×750cm) genderspezifische Hierarchien zwischen angewandter und freier Kunst. Die textilen Techniken, die im Material selbst und durch die Motivwahl dargestellt werden, fordern ihren Stellenwert ein. Die großformatigen Banner befragen textile Mythen und ihre Genderkonstruktionen, gängige Narrationen vom männlichen Geniemythos und weisen auf eine unterrepräsentierte feministische Geschichte hin. In dem die Siebdrucke den öffentlichen Raum bespielen, fordern sie die Wertschätzung des Textilen und die Auseinandersetzung mit der Hierarchisierung entlang der Kategorie Geschlecht ein. Während Reiters Arbeiten offenlegen wie ein Medium über die Verknüpfung mit Weiblichkeit systematisch abgewertet wurde und nun die selbstbewusste Aneignung eben dieses Mediums als empowernden Moment feiert, fordern die in Bewegung gekommenen Arbeiten von Schweer die Abschaffung der binären Geschlechterordnung, wodurch letztlich auch die Zuschreibung des Textilen als feminine Tätigkeit hinfällig würde und sich als feministische Praxis erweist. Über die Überschneidungen der beiden Arbeiten hinaus, entwickelten die beiden Künstler_innen sowohl im Geh8 in Dresden als auch im Westwerk in Leipzig neue Arbeiten, die sowohl formale als auch inhaltliche Überschneidungen von den Einzelpositionen aufgreifen und in neue Fragestellungen umwandeln und erweitern.